Advanced Power Lobbying - Erfolgreiche Public Affairs in Zeiten der Digitalisierung

Advanced Power Lobbying - Erfolgreiche Public Affairs in Zeiten der Digitalisierung

von: Peter Köppl

Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H., 2017

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 36,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Advanced Power Lobbying - Erfolgreiche Public Affairs in Zeiten der Digitalisierung


 

XIXThe CEOs Guide to Public Affairs


Weltweit reagieren Unternehmen und Verbände auf den Wandel von Medien und Werten, ökologische Herausforderungen, Zweifel am Wirtschaftssystem und die globale Öffentlichkeit mit neuen Anforderungsprofilen an ihre Public-Affairs-Manager. Neue Rollenbilder für Public-Affairs-Manager bilden sich als Antwort auf diese transformativen Kräfte heraus. Verschärft wird der Druck durch die gesellschaftlichen Akteure, denn speziell bei NGOs und Bürgergruppen lässt sich eine Amerikanisierung der Strategien feststellen, im Sinne von aggressivem Campaigning.

Public Affairs sind keine Technologie. Es zählt die persönliche Integrität der Public-Affairs-Akteure. Anstelle lauter, bunter Ad-hoc-Interventionen, die sich technologisch anbieten, zählt langfristig nur die kontinuierliche Vertrauensarbeit. Denn erfolgreiches Lobbying benötigt regelmäßige Begegnungen und eine am politischen System ausgerichtete Strategie. It’s a people’s business.

Seit langer Zeit besteht daher auch die Grundannahme, dass Public Affairs primär auf Kontakten und exzellenter Reputation der Akteure basieren. Die Annahme, dass politische Entscheidungen geändert werden können, rein auf Basis guter Arbeitskontakte zu Politik und Verwaltung, hat sich über Jahrzehnte schlicht und einfach immer und immer wieder bewährt. Diese Logik entstammt der Entstehung von Public Affairs und der dieser Funktion innewohnenden Logik – kurz gesagt, bevor das Internet entstand und vor dem astronomischen Anstieg an Stakeholdern, die alle Mitsprache an politischen Entscheidungen verlangen. Heute arbeiten Public Affairs daher auf Basis eines kontinuierlichen Multi-Stakeholder-Dialogs mit dem umfassenden Verständnis und Wissen jener Issues, die die Gesellschaft beeinflussen können.

Moderne Public Affairs sind ein Hybrid zwischen dem auf persönlicher Reputation des Akteurs aufbauenden Dialog mit einer Vielzahl an Stakeholdern, basierend auf gemeinsamen Interessen sowie dem punktuellen und spezifischen Einschreiten bei politischen Entscheidungen, die den Handlungsspielraum des Unternehmens beeinflussen. Politische Entscheidungen entstehen – nicht mehr nur – im Vakuum, sondern werden von einem komplexen Stakeholder-Ökosystem mit ganz unterschiedlichen Interessen und Intentionen produziert. Dieses neue Normal zu navigieren, neben dem Punkt-zu-Punkt-Lobbying kontinuierlich mit Politikern, Beamten, NGOs, Verbänden, Kammern, Wissenschaftlern, Aktivisten und Medien zu arbeiten, ist die Job description moderner und professioneller Public Affairs.

Public Affairs sind heute als integraler Bestandteil aller unternehmerischen Entscheidungen zu sehen. Ganzheitlichen verstanden bieten Public Affairs jeder Organisation eine ganze Breite an greifbaren Vorteilen, von der Unterstützung bei der Erkennung XXund Nutzung potenzieller Marktchancen über die Reduzierung von Risiken aus dem Unternehmensumfeld bis hin zur Entwicklung und dem Schutz der Reputation, die bekanntlich ein immaterieller Vermögenswert ist.

Wie kann der Nutzen von Public Affairs durch die Unternehmensführung freigelegt werden?

Gebt den Public Affairs Aufmerksamkeit und Zeit: das bedeutet, Meetings mit Public Affairs zu machen, rasch auf deren Informationen und Anfragen zu reagieren und die Funktion direkt an die Geschäftsleitung anzubinden

Public Affairs in die Strategie-Entwicklung integrieren: wenn Public Affairs nur nacharbeiten dürfen, können sie ihr Potenzial nicht an den Tag legen

Eine direkte, ungefilterte Reporting-Line einrichten: wenn die Empfehlungen und Informationen der Public Affairs an die Geschäftsleitung durch – vielleicht sogar einen Nicht-Experten – gefiltert und damit bewertet werden, sind sie weitgehend nutzlos

Was müssen Public Affairs tun, um eine effiziente und effektive CEO-Unterstützung leisten zu können?

Fokussierung auf die Unternehmens-Ziele und Demonstration, wie Public Affairs die Zielerreichung unterstützen und optimieren können: eigene Pet-Projects interessieren ebenso wenig wie Empfehlungen, die an den Unternehmenszielen vorbeigehen

Passende Reportings aufsetzen – get the information to the right people, at the right time and in the right way: eben nicht nur extern, sondern vor allem auch unternehmensintern

Ideen aktiv einbringen sowie das Management direkt fragen und einbinden: CEOs, Vorstände, Public-Affairs-Teams und externe Berater haben alle ihre Rolle – good public affairs is a joint effort

Corporate Foreign Diplomacy

2013 startete Greenpeace eine Online-Kampagne gegen die Pläne von Shell, in der Arktis nach Öl zu bohren. Ein You-Tube-Video, eine interaktive Webseite und ein Twitter-Feed wurden binnen kurzer Zeit millionenfach weltweit geteilt und kommentiert sowie von vielen Medien übernommen. Anstatt Schlauchboote mit Aktivisten kameragerecht eine Öl-Plattform besetzen zu lassen, war Greenpeace in diesem Fall in der Lage, einen reputationsschädigenden Angriff umzusetzen, ohne sich dabei die Füße nass zu machen – „a social media nightmare“, schreibt in seinem Buch „Corporate Diplomacy: Building Reputations and Relationships with External Stakeholders.“ „Nicht alle Unternehmenskrisen erreichen globale Aufmerksamkeit und nicht alle Krisen werden von globalen NGOs ausgelöst, die über jahrzehntelange Kampagnenerfahrung und enorme Budgets verfügen“, so der Management-Professor der Wharton School. „Jeder verärgerte Bürger mit einem Smartphone und Zugang zu Internet und sozialen Medien kann in Sekunden eine globale Öffentlichkeit erreichen. Der wirtschaftliche Schaden sowie der Schaden an der Unternehmens-Reputation, den ein Einzelner oder eine kleine Gruppe heute verursachen kann, können katastrophal sein.“

Vor allem Unternehmen, die in fremde Länder und Märkte expandieren, in denen kulturelle, rechtliche und ethische Unterschiede zum Herkunftsland bestehen, stehen daher XXIsowohl lokal als auch international unter penibler Beobachtung und sind in dieser Hinsicht gefährdet. Fremde Märkte bedeuten mehr Stakeholder, mit denen zu kooperieren ist, mehr Stakeholder, die in ihren Ideologien, ihren Wirtschaftskonzepten, Einstellungen zu multinationalen Unternehmen, ihrer Landessprache, -geschichte und -kultur von den Stakeholdern am Heimmarkt abweichen. Ansatz der Corporate DiplomacyCorporate Diplomacy vereint Lobbying, Kommunikation und CSR zu einem strategischen Instrument, um solche Risiken erkennen und steuern zu können. Er stellt eine Unternehmenskultur in den Raum, die die Stakeholder-Anliegen in die strategische Businessplanung eines Unternehmens ebenso integriert wie in die Beziehungen zwischen den Mitarbeitern und den externen Stakeholdern. „Corporate diplomacy is the senior-level capability to build and maintain relationships with external stakeholders and deliver on the greatest needs or the greatest objectives of those stakeholders in a way that delivers shareholder value.“ Corporate Diplomacy kann daher über Erfolg oder Scheitern bei der Expansion in fremde Märkte entscheiden. Ohne gute Stakeholder-Beziehungen im Zielland drohen höhere Risiken mit drastischeren Auswirkungen, weil sie rasch im Rampenlicht einer globalen Öffentlichkeit stehen.

Geopolitische Risiken, Cyberattacken, Finanzkrisen und wirtschaftlicher Abschwung sind allgegenwärtig. Die russische Invasion auf der Krim etwa oder der Terror des Islamischen Staates stellen auch für Unternehmen spezielle Herausforderungen im allgemeinen Klima der Destabilisierung dar, ebenso wie die steigende Zahl an bilateralen und multilateralen Wirtschaftssanktionen gegen Länder als Instrument der staatlichen...