Arbeitsrecht für Start-ups - Die Dos und Don'ts für eine neue Generation von Unternehmern (Ausgabe Österreich)

Arbeitsrecht für Start-ups - Die Dos und Don'ts für eine neue Generation von Unternehmern (Ausgabe Österreich)

von: Olivia Eliasz

Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H., 2017

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

Windows PC,Mac OSX für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones

Preis: 19,99 EUR

Mehr zum Inhalt

Arbeitsrecht für Start-ups - Die Dos und Don'ts für eine neue Generation von Unternehmern (Ausgabe Österreich)


 

Geschafft! Sie haben die erste Hürde bewältigt, Ihr Start-up gegründet, die geeigneten Förderungen beantragt und die Tätigkeit als Geschäftsführer aufgenommen. Nun sind Sie bereit, Ihrem Ziel von einem erfolgreichen Unternehmen noch einen Schritt näher zu kommen. Nachdem Sie mit Ihrer innovativen Idee die ersten Erfolge erzielt haben, möchten Sie Ihr Unternehmen vergrößern. Sie werden Mitarbeiter beschäftigen wollen und damit zum ersten Mal die Funktion des Dienstgebers übernehmen. Was Sie in dieser Wachstumsphase zu beachten haben, erfahren Sie in diesem Kapitel.

Erster Dienstnehmer - Vorbereitung


Endlich ist es soweit: Sie müssen nicht mehr alles selbst machen, sondern können jemanden einstellen, der Sie unterstützt. Bevor Sie sich auf die Suche nach einem Mitarbeiter machen, sollten Sie sich jedoch unbedingt folgende Fragen beantworten:

  • Brauchen Sie grundsätzlich jemanden zur Unterstützung oder benötigen Sie den Mitarbeiter zur Erledigung bestimmter, konkreter Aufgaben? Fallen diese Tätigkeiten laufend an oder nur einmalig bzw. eher selten?
  • Werden Sie die Unterstützung des Mitarbeiters voraussichtlich längerfristig brauchen?
  • Inwieweit soll der Mitarbeiter Ihren Weisungen unterliegen?
  • Ist Ihnen eine gewisse Kontrolle über Ihren Mitarbeiter wichtig?
  • Wollen Sie, dass der Mitarbeiter vor Ort in Ihrem Office arbeitet?
  • Ist es für Sie wichtig, dass der Mitarbeiter zu bestimmten Zeiten an seinem Arbeitsplatz ist?
  • In welchem Ausmaß wollen Sie die Bekleidung des Mitarbeiters bestimmen, damit dieser Ihr Unternehmen zum Beispiel Ihrer Philosophie entsprechend repräsentiert?
  • Soll der Mitarbeiter die Arbeit selbst erledigen oder haben Sie nichts dagegen einzuwenden, wenn er sich vertreten lässt?
  • Wollen Sie darauf Einfluss haben, in welcher Art und Weise der Mitarbeiter die Arbeit erledigt?

Von Ihrem individuellen Bedarf hängt sodann die Wahl der für Sie und Ihren künftigen Mitarbeiter korrekten Vertragsform ab. Sie sollten bei Ihrer Entscheidung nicht außer Acht lassen, dass Sie je nach Vertragsform mit unterschiedlich hohen Kosten rechnen müssen. Sie sollten sich auch genau überlegen, ob wirklich bereits der Zeitpunkt gekommen ist, sich einen Mitarbeiter leisten zu können. Unbedingt sollten Sie sich die auf Sie zukommenden Kosten vor Augen führen.

Im Folgenden wird ein Überblick über die für Sie als Start-up-Gründer relevanten Vertragsformen gegeben. Diese sind der Werkvertrag, der freie Dienstvertrag und der Arbeitsvertrag (auch „echter“ Dienstvertrag genannt). Dieser Überblick wird Ihnen dabei helfen, die für Sie richtige Vertragsform zu wählen.

Welche Vertragsformen stehen zur Auswahl?


Werkvertrag

Diese Vertragsform sollten Sie wählen, wenn Sie jemanden „lediglich“ für die Ausführung einer oder mehrerer bestimmter Tätigkeiten oder Projekte brauchen – wenn der Mitarbeiter zum Beispiel ein durch Sie erfundenes, neuartiges Gerät Ihren Vorstellungen, also sachlichen Weisungen entsprechend, herstellen soll. Dieser Mitarbeiter, in der Rechtssprache „Werkunternehmer“ genannt, schuldet Ihnen als „Werkbesteller“ sodann einen bestimmten Arbeitserfolg (ein „Werk“). Dieses Vertragsverhältnis endet mit der Leistungserfüllung, also der Erbringung der konkreten Tätigkeit, wie beispielsweise der Fertigstellung des zuvor als Beispiel genannten Gerätes.

Erbringt der Werkunternehmer die vertraglich vereinbarte Leistung nicht, hat er keinen Anspruch auf den festgelegten Werklohn. Sollte der Werkunternehmer das „Werk“ hingegen nicht ordnungsgemäß, beispielsweise schadhaft, herstellen, haben Sie Gewährleistungsansprüche gegenüber dem Werkunternehmer.

Da die Zuordnung zu den einzelnen Vertragsformen nicht immer einfach ist, gibt folgende Checkliste einen kleinen Überblick über die Voraussetzungen, die der Mitarbeiter erfüllen muss, um als Werkunternehmer qualifiziert zu werden.

Checkliste

Der Werkunternehmer

  • schuldet einen bestimmten Erfolg,
  • unterliegt nur sachlichen Weisungen, das heißt, nur Ihren Weisungen hinsichtlich Art, Umfang etc. des Werkes (für gewöhnlich wird das Werk bereits im Werkvertrag so genau konkretisiert, dass weitere Weisungen im Zuge der Herstellung nicht mehr notwendig sind),
  • unterliegt keinen persönlichen Weisungen, das heißt, er kann wann und wo er will arbeiten,
  • wird selbstständig tätig,
  • muss das Werk nicht persönlich herstellen, sondern kann sich vertreten lassen oder das Werk zum Beispiel unter Zuhilfenahme eines Mitarbeiters oder eines Subunternehmers herstellen,
  • stellt das Werk in der Regel aus eigenen Betriebsmitteln her.

Beispiel

Sie vereinbaren am 13.5.2017 mit dem Programmierer Herrn Lustig, dass er bis zum 31.8.2017 einen bestimmten Teil einer neuen Software für die Kundenkontenverwaltung entwickeln soll. Als Honorar für dieses Programm werden 6.000 Euro vereinbart. Es handelt sich um einen Werkvertrag.


Vorteile eines Werkvertrags

Angesichts der Tatsache, dass der Werklohn im Werkvertrag festgehalten wird, wissen Sie von Anfang an, mit welchen Kosten Sie rechnen müssen, und vermeiden somit böse Überraschungen. Ferner endet das Vertragsverhältnis mit Vertragserfüllung, das heißt, Sie müssen sich um keine Kündigung und somit auch nicht um die Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen oder Ähnliches kümmern.

Freier Dienstvertrag

Diese Vertragsform sollten Sie wählen, wenn Sie einen Mitarbeiter haben möchten, der gar nicht bzw. kaum von Ihnen persönlich abhängig ist, Sie nichts dagegen haben, wenn er sich vertreten lässt, Sie ihn nicht in die Organisation des Betriebes eingliedern möchten und es Sie nicht stört, dass der Mitarbeiter keine Erfolgsgarantie übernimmt.

Falls ein solcher Mitarbeiter, also ein „freier Dienstnehmer“, Ihren Vorstellungen entspricht, dann sollten Sie in diesem Fall als „Auftraggeber“ mit dem Dienstnehmer einen freien Dienstvertrag vereinbaren. Beachten Sie, dass auf einen freien Dienstvertrag nur jene arbeitsrechtlichen Normen (analog) anzuwenden sind, die nicht vom persönlichen Abhängigkeitsverhältnis des Mitarbeiters ausgehen. Siehe dazu dieses Kapitel, Abschnitt „Dienstvertrag“.

Beispiel

Ihnen fehlt in einem bestimmten Fachgebiet das entsprechende Know-how. Aus diesem Grund möchten Sie Beratungsleistungen eines Konsulenten in Anspruch nehmen. Dieser hat nämlich spezielle Erfahrungen bzw. ein spezielles Wissen in dem von Ihnen benötigten Fachgebiet. Um die Beratungsleistungen des Konsulenten in Anspruch nehmen zu können, müssen Sie einen Vertrag abschließen. Hier ist in der Regel ein freier Dienstvertrag die richtige Wahl.


Abgrenzung zu anderen Vertragsformen

Der wesentliche Unterschied zwischen einem freien Dienstvertrag und einem Werkvertrag ist der, dass ein freier Dienstvertrag auf eine (un-)bestimmte Zeit eingegangen wird. Es handelt sich hierbei um ein „Dauerschuldverhältnis“. Ein Werkvertrag ist im Gegensatz dazu auf ein bestimmtes „Werk“ gerichtet. Daher handelt es sich um ein „Zielschuldverhältnis“.

Ein weiterer Unterschied ist, dass der Mitarbeiter bei einem freien Dienstvertrag zu keinem konkreten Arbeitserfolg, sondern zur sachgemäßen Ausführung verpflichtet ist, da er dem Auftraggeber seine Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Somit müssten Sie als Auftraggeber dem freien Dienstnehmer sein Entgelt auch in dem Fall zahlen, wenn dieser keinen konkreten, Ihren Vorstellungen entsprechenden Arbeitserfolg erbringt.

Checkliste

Der freie Dienstvertrag unterscheidet sich von anderen Vertragsarten insbesondere dadurch, dass der freie Dienstnehmer

  • in (fast) keiner persönlichen Abhängigkeit zu dem Auftraggeber steht – das heißt, der Dienstnehmer unterliegt keiner Anwesenheitspflicht und ist hinsichtlich seiner Arbeitszeit und seines Arbeitsortes „frei“,
  • sich vertreten lassen kann,
  • keinen Kontrollen durch den Auftraggeber unterliegt,
  • zu keinem konkreten Arbeitserfolg, sondern „bloß“ zur sachgemäßen Ausführung verpflichtet ist,
  • überwiegend mit den Betriebsmitteln des Auftraggebers arbeitet,
  • nicht in den Betrieb des Auftraggebers eingebunden ist.

Vorteile eines freien Dienstvertrags

Die Kosten, die Ihnen für den freien Dienstnehmer entstehen werden, sind relativ gut einschätzbar, da die Bezahlung meist auf Stundenbasis erfolgt. So haben Sie es in einem gewissen Umfang selbst in der Hand, wie viel Sie der Mitarbeiter kostet. Bei einem freien Dienstvertrag sind Sie an keinen Mindestlohn bzw. an kein kollektivvertragliches Mindestentgelt gebunden. Sie können somit grundsätzlich selbst entscheiden, wie viel Sie dem freien Dienstnehmer zahlen möchten, es muss „lediglich“ zu einer Einigung über die Höhe des Entgelts zwischen Ihnen und dem freien Dienstnehmer kommen.

Erfahrungsgemäß ist es nicht immer einfach, einen Mitarbeiter zu finden, der mit dem Abschluss eines freien Dienstvertrags einverstanden ist, da er bei diesem im Vergleich zu einem „echten“ Dienstnehmer schlechter gestellt ist (zum Beispiel hinsichtlich Urlaub, Entgeltfortzahlung bei Krankheit, fehlender Anwendbarkeit eines...