(K)ein Pfusch am Bau - Wie ein Bausachverständiger (s)ein Traumhaus richtig bauen würde

(K)ein Pfusch am Bau - Wie ein Bausachverständiger (s)ein Traumhaus richtig bauen würde

von: Günther Nussbaum

Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H., 2019

3. Auflage

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 23,99 EUR

Mehr zum Inhalt

(K)ein Pfusch am Bau - Wie ein Bausachverständiger (s)ein Traumhaus richtig bauen würde


 

Luftschlösser gibt es noch nicht – der Baugrund


Die Suche nach einem Grundstück


Wenn Sie schon glücklicher Besitzer eines Grundstückes sind, müssen Sie nur mehr erkunden, ob und wie Sie darauf bauen dürfen. Das erfahren Sie auf der Gemeinde bzw. von der Baubehörde, aber beachten Sie die Zeiten für den Parteienverkehr oder vereinbaren Sie einen Termin beim zuständigen Beamten. Ist Ihr Grund als Grünland gewidmet, dürfen Sie maximal einen Liegestuhl aufbauen. Wenn er eine Widmung als Bauland hat, dürfen Sie immer noch nicht alles draufstellen, was Sie wollen, aber dann können Sie immerhin beginnen zu planen.

Sie können diese Behördenwege auch Ihrem Architekten oder Planer überlassen, dieser wird dann nur mehr um Details feilschen, denn die Bebauungsbestimmungen und den Flächenwidmungsplan kennt er ja schon.

Flächenwidmungsplan und Bebauungsbestimmungen

In den „Flächenwidmungs- und Bebauungsplänen“ werden zulässige Nutzungen und Bebauungsbestimmungen eines Grundstückes, von Nachbarliegenschaften und eines Grätzls verbindlich für Mieter, Eigentümer und Bauwerber festgelegt. In diesen Plänen werden die Regeln, nach denen gebaut werden darf, festgelegt. Im Bebauungsplan werden das Recht zu bauen, aber auch damit verbundene Verpflichtungen geregelt:

  • Abtreten von Flächen für die Herstellung neuer Verkehrsflächen
  • Gehsteigherstellung sowie Beitragsleistung zu den Baukosten von Verkehrsflächen
  • Herstellung von Wasseranschlüssen an die öffentliche Wasserversorgung und das Kanalnetz (Gebühren)
  • Die öffentliche Müllabfuhr muss in Anspruch genommen werden.
  • Stellplatzverpflichtung bei Neu- und Zubauten. Für jede Wohnung muss ein Stellplatz geschaffen werden.

Diese Pläne können vor dem Beschluss durch den Gemeinderat beeinsprucht werden, auch von Mietern. Wenn die Baumaschinen anrücken, ist es zu spät, dann haben nur mehr die Nachbarn eine Parteienstellung.

Der genaue Ablauf findet sich in den Landesbauordnungen und in den OIB-Richtlinien.

Haben Sie noch kein Grundstück, dann haben Sie – neben Zeitungs- und Onlineinseraten – die folgenden Möglichkeiten, einen Traumgrund mit traumhaften Nachbarn zu finden:

Suchauftrag beim Makler


Beim Makler bekommen Sie ein Maximum an Dienstleistung, aber das hat natürlich seinen Preis. Rechnen Sie mit etwa 3% des Kaufpreises, die Sie an den Makler zahlen müssen. Dafür berät Sie der Makler über die Infrastruktur und die „Alltagstauglichkeit“ einer Wohnlage: Wo sind die nächste Verkehrsanbindung, das nächste Einkaufszentrum, der Kindergarten, ein Spital usw.? Teilen Sie dem Makler Ihre Wünsche mit. Auch wenn er gerade nicht das Passende im Repertoire hat, wird er für Sie Ausschau halten. Aber Vorsicht: Sie erhalten von einem Makler keine Aussagen zur Bauqualität eines Grundstückes.

Grundstücksauswahl mit dem Architekten


Nicht jeder Architekt bietet eine Grundstückssuche an. Die Kosten für diese Dienstleistung sind bei ihm auch höher als beim Makler, dafür bekommen Sie aber auch mehr. Architekten haben die besten Kenntnisse zur Grundstücksauswahl, kennen den Flächenwidmungsplan, die Bebauungsbestimmungen, und sie haben Grundkenntnisse zu Baugrundrisiken, berücksichtigen die Himmelsausrichtung, den Wind und die Verschattungssituation. In der Regel wird diese Dienstleistung finanzierbar, wenn Sie den Architekten auch mit Planungsleistungen beauftragen.

Grundstückssuche im Ort


Wenn Sie eine klare Vorstellung haben, wo Ihr Grundstück liegen und wie es beschaffen sein soll, können Sie die Suche selbst in die Hand nehmen. Gehen Sie zur Gemeinde und fragen Sie zum Beispiel nach anstehenden Flächenumwidmungen von Grün- zu Bauland. Oder vielleicht hat die Gemeinde einen Baugrund, den sie auf 99 Jahre verpachtet; das nennt man „Baurechtsgrund“. Außerdem erhalten Sie auf der Gemeinde auch gleich Informationen über die Bebauungsbestimmungen, Hochwassergefahren, Belästigungen durch naheliegende Industrie und eventuell sogar über unliebsame Nachbarn.

Sie können aber auch einfach durch die Gegend fahren und die Nachbarn von unbebauten Grundstücken fragen. Besuchen Sie die Quelle aller Weisheit: das Dorfgasthaus! Klopfen Sie an Türen, sprechen Sie Spaziergänger an, klappern Sie örtliche Baufirmen ab. Diese Vorgangsweise führt immer wieder zum Erfolg, sogar bei elendslangen Wartelisten, zum Beispiel für begehrte Seegrundstücke. Ein Vorteil nebenbei: Sie lernen die Nachbarn, die örtlichen Gebräuche und vielleicht auch schon die spätere Baufirma kennen. Auf jeden Fall trainieren Sie den Kreislauf, und das ist wichtig für den späteren Hausbau.

Checkliste: Was Sie vor einem Grundstückskauf überprüfen sollten:

Bautechnisch entscheidend:

Grundstücksgröße von Architekten checken lassen:

  • mindestens 200 m2 bis 300 m2 für Doppelhaus oder Reihenhaus
  • mindestens 500 m2 bis 800 m2 für freistehendes Ein- oder Mehrfamilienhaus

Grundwasserstände und Hochwassergefahr erfragen:

  • Wien: MA45, Geotechniker, Nachbarn mit Keller
  • Bundesländer: Gemeinde, Geotechniker, Nachbarn mit Keller

Bodenverhältnisse, Altdeponien erfragen:

  • Gemeinde, in Wien: MA29, Geotechniker

Aufschließung für Kanal, Strom, Wasser, allenfalls Gas

  • Höhe des Kanalanschlusses: wichtig für die Frage, ob allenfalls eine Hebeanlage für die Sanitärräume im Keller nötig ist.
  • Baumbestand: Bei der Baugenehmigungsbehörde ist nach Auflagen zu fragen.

Abb. 32: Professionelle Immobilienentwickler verbringen viel Zeit mit der Suche nach dem perfekten Baugrundstück. Bildquelle: MHM Massiv-Holz-Mauer von Meissnitzer.at / Bauträger Siges.at

Abb. 33: Ebene Baugrundstücke sind in der Regel unproblematisch. Dieses Haus wurde mit Hanfdämmplatten gedämmt und verputzt. Bildquelle: Synthesa / Capatect.at

Für die Wohnqualität erheblich:

  • Liegt der Grund im Bereich einer Flughafeneinflugschneise?
  • Liegt der Grund nahe einem Flughafen, einer Autobahn oder Eisenbahn? Bei Flughafennähe können behördliche Schallschutzauflagen verlangt werden.
  • Verkehrsanbindung prüfen; die Anzahl der Kilometer zum Arbeitsplatz ist ausschlaggebend für die Pendlerpauschale.
  • Infrastruktur prüfen, denn lange Verkehrswege sind versteckte Kosten. Wo ist die nächste Apotheke, das nächste Spital, gibt es eine freizeitgerechte Umgebung, Sportvereine, Kinderspielmöglichkeiten?
  • Bonität der Gemeinde prüfen: Gibt es Gratisleistungen für die Bürger, gibt es Kinderbetreuung? Wie ist der Zustand der Gemeindeflächen? Ist das Schwimmbad dauerhaft finanzierbar?
  • Hanggrundstück bei Gehbehinderung und höherem Alter vermeiden

Für die Gesundheit wichtig:

  • Radonbelastung in Radonkarte des Lebensministeriums ÖNRAP prüfen
  • Allergiker sollten unbedingt die Pollenbelastung prüfen (Pollenwarndienst.at), ebenso sollte die Feinstaubbelastung geprüft werden (Umweltbundesamt.at).
  • In windarmen Tallagen kann es zu erhöhten Immissionsbelastungen kommen, Beispiel „Rauch aus Feuerstätten“
  • Feldnahe Grundstückslagen können die Biobelastung erhöhen (Pollen, Pilzsporen)
  • Ansiedelungen zu Industrie und Landwirtschaft zur Hauptwetterrichtung prüfen, erhöhte Immissionen durch Windverschleppung möglich
  • Erhöhte Ozonbelastung am Stadtrand
  • Elektrosmog durch Sendeantennen
  • VOC-Belastung in direkter Tankstellennähe

Zusätzlich, für das Energiesparhaus:

  • Verschattungsfreiheit in Gebäudenähe für solare Einstrahlungsgewinne
  • Klimacheck: Ein raues Klima mit ständiger Windeinwirkung und erhöhten Niederschlagsmengen erhöht den Heizwärmebedarf. Beispiel: Der ständige Nebel im Klagenfurter Becken führt zu erhöhten Heizkosten und Algenbefall auf Wärmedämmverbundsystemfassaden.

Bevor Sie einen Vertrag unterschreiben, ziehen Sie unbedingt einen Anwalt hinzu, der den Vertrag auf eventuelle, versteckte Nebenkosten überprüft. Wenn Ihre Finanzen es erlauben, rate ich auch, Ihren Architekten zu konsultieren, bevor Sie endgültig zuschlagen. Sollten keine geotechnischen Daten über das Grundstück vorliegen, erlaubt vielleicht der derzeitige Besitzer eine Probebohrung zur Baugrunderhebung. Das ist die einzige Möglichkeit, vor dem Kauf Klarheit über den Boden zu bekommen. Der Verkäufer kann Ihnen nicht garantieren, ob Sie einen tragfähigen Grund in 4 oder 10 m Tiefe vorfinden.

Doch bei allem, worauf man achten sollte, bedenken Sie: Perfektion ist eine Illusion. Es ist gut, umsichtig zu sein, aber letztlich geht es darum, das Risiko zu minimieren. Schließlich sollten Sie nicht so lange nach dem perfekten Grund suchen, bis Sie zu alt sind, ein Haus zu bauen.

Das Restrisiko


Es gibt die feine Unterscheidung zwischen echtem und erweitertem Baugrundrisiko. Das „echte“ Baugrundrisiko wird immer den Grundbesitzer treffen. Es handelt sich dabei um das nicht vorhersehbare Restrisiko, gegen das es keine Absicherung gibt. Auch wenn alle Beteiligten ordnungsgemäß und fehlerfrei gearbeitet...