Beim ersten Eindruck gewinnen - Signale erkennen und professionell agieren

Beim ersten Eindruck gewinnen - Signale erkennen und professionell agieren

von: Gabriele Cerwinka, Gabriele Schranz

Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H., 2013

Format: ePUB

Kopierschutz: DRM

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Preis: 11,99 EUR

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Beim ersten Eindruck gewinnen - Signale erkennen und professionell agieren


 

2. Innere Einstellung und Erster Eindruck

2.1 Die innere Einstellung als Grundlage und Ergebnis der Wahrnehmung

Beispiel

Am Vorabend des ersten Schultages nimmt die Großmutter die Enkeltochter zur Seite: „Ich gebe dir einen guten Rat: Zeig deinem Lehrer vom ersten Moment an, dass du gerne in die Schule gehst, aufmerksam bist und mitarbeitest. Hat der Lehrer erst einmal einen guten Eindruck von dir, kannst du dir auch ein paar Nachlässigkeiten erlauben. Aber der Erste Eindruck, der haftet dein ganzes Schülerleben lang an dir!“

Was die Großmutter ihrer Enkelin als Ratschlag weitergibt, entspringt wohl ihrem Erfahrungsschatz und ihrem gesunden Hausverstand. Sie wäre wohl sehr überrascht, eben diesen Ratschlag in der psychologischen Fachliteratur (das Beachten des „Rosenthal-Effekts“) wiederzufinden.

Der Rosenthal-Effekt

Der Rosenthal- oder Pygmalion-Effekt geht auf die beiden amerikanischen Psychologen Rosenthal und Jacobson zurück, die 1968 in zahlreichen Untersuchungen die Interaktion zwischen Lehrer und Schüler untersucht haben. Sie stellten dabei Folgendes fest: Wenn nach einem Test eine beliebig ausgewählte Gruppe von Schülern (unabhängig vom Testergebnis) in einer Klasse dem Lehrer als besonders intellektuell entwicklungsfähig genannt wird, erzielen genau diese Schüler nach einiger Zeit tatsächlich ein besseres Testergebnis als der Rest der Klasse. Was ist passiert? Der Lehrer hat in seiner subjektiven Erwartung, seiner inneren Einstellung diesen Schülern gegenüber, anders auf sie reagiert. Er hat ihnen zum Beispiel länger Zeit gelassen, zu antworten, sie mehr gelobt, beachtet und auch mehr gefördert. Andererseits waren diese Schüler dadurch auch stärker motiviert, ihre Potenziale besser auszunutzen. Sie waren mehr von sich überzeugt, haben somit die innere Einstellung des Lehrers übernommen.

Kritiker haben diesen Behauptungen entgegengehalten, dass dieses Phänomen nur bei jüngeren Schülern beobachtbar ist und auch nur dann, wenn die willkürlich als positiv bewerteten Schüler bisher ihr Potenzial nicht ausgeschöpft hatten oder vom Lehrer unterschätzt wurden – was freilich auf sehr viele Schüler zutrifft.

Somit hat die Großmutter aus unserem Beispiel nicht ganz Unrecht, und die meisten von uns können ihr wohl beipflichten: Der Erste Eindruck, den wir bei einem Lehrer hinterließen, war für die gesamte Schulzeit wichtig!

Die selbsterfüllende Prophezeiung

Dieser Begriff wurde 1957 von Robert K. Merton geprägt. Er meint damit das Phänomen, dass eine möglicherweise falsche Prophezeiung nur deswegen eintritt, weil sie zu einer bestimmten Verhaltensweise der betroffenen Personen führt.

Beispiel

  • Ein Wirtschaftsexperte äußert sich kritisch zur wirtschaftlichen Lage einer Bank. Das führt dazu, dass vermehrt Kunden dieser Bank ihr Vertrauen entziehen und ihre Gelder bei anderen Banken unterbringen. Die Folgen sind ernsthafte wirtschaftliche Schwierigkeiten des betroffenen Geldinstituts.
  • Ein sehr abergläubischer Fernsehmoderator verliert ausgerechnet am Tag vor einer wichtigen Live-Show sein Maskottchen, ein kleines gläsernes Hufeisen. Er verwendet nicht nur viel Zeit mit der Suche nach seinem Glücksringer, er wird auch zunehmend nervöser. Und prompt hat er schon nach wenigen Augenblicken auf Sendung ein komplettes Blackout und verwechselt den Namen seines prominenten Gastes mit dem eines unliebsamen Konkurrenten.

Dieses Phänomen hebt in gewisser Weise den sonst geltenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhang auf. Die vorhergesagte Wirkung wird selbst zur Ursache, die ein Ereignis eintreten lässt. Die Ursache existiert aber nur in unserer inneren Einstellung.

So erlangen auch die vielfach belächelten Horoskope in Tageszeitungen ihre Richtigkeit. Wem darin ein erfolgreicher Tag mit Errungenschaften in Beruf und Liebe vorausgesagt wird, der geht selbstsicherer in diesen Tag. Der Erfolg stellt sich oft zwangsläufig ein.

Der Wahrnehmungs-Einstellungs-Kreislauf

Diese beiden Phänomene sind zwei Beispiele dafür, wie unsere Wahrnehmung unsere innere Einstellung prägt. Alle in Kapitel 1 beschriebenen Wahrnehmungseffekte wirken so auf unsere innere Haltung. Sie bestimmen damit nicht nur den Ausschnitt unserer Umwelt, der von uns wahrgenommen wird, sondern auch unsere innere Gedankenwelt, unsere Erwartungshaltung.

Diese wiederum bestimmt unsere Handlungen. Wir behandeln unsere Umwelt so, wie es unserer inneren Einstellung entspricht. Damit beeinflussen wir aber nicht nur die Handlungen des anderen, sondern oft auch seine innere Einstellung – genauso wie der Lehrer auf seine Schüler beeinflussend wirkt. Wenn uns andere etwas zutrauen, tun wir das auch mit der Zeit selbst.

Aus dieser Grafik wird deutlich, wie sehr wir durch unsere Wahrnehmung, unsere innere Einstellung und Handlung auch die Wahrnehmung und innere Einstellung des anderen beeinflussen. Das bewirkt wieder ein bestimmtes Handeln des anderen, das wir – gefiltert – wahrnehmen. Damit verstärkt und verfestigt sich auch jeweils die innere Einstellung. Der andere reagiert ja dann so, wie ich es erwarte, und bestätigt meine innere Einstellung. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von „festgefahrenen Bahnen“, in denen wir uns in der zwischenmenschlichen Kommunikation bewegen.

Natürlich wirken noch andere Einflussfaktoren auf unsere Kommunikation. Doch eine Tatsache ist wohl unbestritten: Unsere innere Einstellung hat große Macht über unser Handeln und ist somit der entscheidende Einflussfaktor auf die Wirkung des Ersten Eindrucks.

2.2 Selbstbewusstsein als positiver Baustein der inneren Einstellung

Gelingt es mir, meine innere Einstellung zu mir selbst positiv zu beeinflussen, verändere ich damit auch die Wirkung auf andere und deren innere Einstellung zu mir. Dieses positive Selbstbewusstsein ist somit die entscheidende Basis für einen positiven Ersten Eindruck.

Was prägt die innere Einstellung eines selbstbewussten Menschen?

  • Er ist von seinen Fähigkeiten überzeugt.
  • Er weiß, dass er sich nicht zu verstecken braucht.
  • Er hat schon oft die Erfahrung gemacht, dass auch Fremde positiv auf ihn reagieren.
  • Er hat es nicht nötig, sich in den Vordergrund zu spielen, seine Ausstrahlung nimmt andere sofort für ihn ein.
  • Er rechnet einfach gar nicht damit, auf Ablehnung zu stoßen.
  • Das Überwinden der Hürden des Alltags erscheint bei ihm leicht und mühelos.
  • Er ist ein geborener Sieger, ohne überheblich zu sein.

Vom Mauerblümchen zur Orchidee

Wie aber erreiche ich das strahlende Selbstwertgefühl des echten Siegers?

Wie wird aus einem Mauerblümchen eine strahlende Orchidee?

Tipp 1

Der erste Schritt ist eine simple Frage:

„Bin ich wirklich so ein unscheinbares Mauerblümchen?“

Viele von uns tragen ein negatives Selbstbild mit sich herum. Es stammt daher, dass schon in der Erziehung, in der Schule und später auch im Berufsleben negative Eigenschaften und Verhaltensweisen immer besonders aufgezeigt wurden – nach dem Motto: Schlechte Angewohnheiten gehören korrigiert, gute entwickeln sich dann schon von selbst! Machen Sie sich dieses innere „Negativmuster“ bewusst und hinterfragen Sie es.

Es wäre nun zu leicht, über unsere Eltern und Lehrer herzuziehen und ihnen die alleinige Schuld an unserem mangelnden Selbstbewusstsein zuzuschieben. Wir sind jedoch nicht nur das Produkt unserer Erziehung, sondern auch Wesen mit einem eigenen Willen und einer eigenen Verantwortung.

Tipp 2

Entdecken Sie Ihre Orchideenseite!

Verstecken Sie sich nicht hinter Ausflüchten und Rechtfertigungen. Lernen Sie, für Ihr Leben Verantwortung zu übernehmen. Machen Sie das Beste aus den „Bestandteilen“, die Sie erhalten haben.

Wie sehen Sie sich?

Beispiel

Kennen Sie das Fotogespenst? Es verwandelt makellose Schönheiten in lächerliche Gestalten. So geschehen auf meinen letzten Urlaubsfotos. Denn so unvorteilhaft kann ich ja wohl nicht aussehen! Meine Freunde sehen ja auch ganz normal aus, und die haben sicher nicht weniger Caipirinha getrunken als ich!

Und erst das Video auf dem letzten Präsentationsseminar in meiner Firma! Die reinste Katastrophe! Meine Stimme klingt dünn, die Bewegungen der Hände sind fahrig und dann noch dieses seltsame Kopfnicken!

Sehen Sie dieses Gespenst auch manchmal? Wieso sind wir oft so entsetzt, wenn wir uns selbst auf Fotografien oder Videoaufnahmen sehen?

Dieses Phänomen hängt ebenfalls mit der Subjektivität unserer Wahrnehmung zusammen. Genauso wenig wie wir unsere Umwelt objektiv erfassen, haben wir ein objektives Bild von uns selbst. Unser Selbstbild entsteht in unserem Inneren und ist stark geprägt von unserem persönlichen Filter und unseren...