Leadership in Non-Profit-Organisationen - Die Kunst der Führung ohne Profitdenken

Leadership in Non-Profit-Organisationen - Die Kunst der Führung ohne Profitdenken

von: Ruth Simsa, Michael Patak

Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H., 2016

2. Auflage

Format: PDF, ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 25,99 EUR

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Leadership in Non-Profit-Organisationen - Die Kunst der Führung ohne Profitdenken


 

3.1. Untypische Organisationen mit großer Bedeutung


NPOs – die „bunten Hunde“ der Organisationslandschaft

Unserer Erfahrung nach sind NPOs anderen Organisationen zwar in vielem ähnlich, aber in manchem unterscheiden sie sich auch signifikant. Und damit stellen sich auch spezifische Anforderungen an Führungskräfte. Es ist hilfreich, diese zu kennen, sei es, um sich darauf einzustellen, bevor man eine Führungsposition in einer solchen Organisation annimmt, sei es, um die eigene Führungspraxis zu reflektieren und zu optimieren.

Bevor wir diese Anforderungen an Führung im Einzelnen erörtern, wollen wir zunächst einen kurzen Blick auf die Besonderheiten von NPOs werfen. Wir beziehen uns dabei v.a. auf den deutschsprachigen bzw. europäischen Raum. Die Tradition von NPOs z.B. im angloamerikanischen Raum ist eine völlig andere und hat so auch andere interne Kulturen und Besonderheiten hervorgebracht.

3.1.1. NPOs – eine sehr heterogene Gruppe von Organisationen


Zuerst fallen Unterschiede zwischen NPOs in den Blick: Der NPO-Sektor zeichnet sich durch markante Unterschiede seiner Organisationen in Größe, Tätigkeitsbereichen und Zielsetzungen, regionaler Reichweite, der sozialen und politischen Verankerung und dem Formalisierungsgrad aus.

Er umfasst große, globale Hilfs- oder politische Organisationen wie die Caritas, das Rote Kreuz, Amnesty International oder Greenpeace, ebenso globale Vereinigungen wie etwa die Pfadfinder, aber auch viele kleine lokale Initiativen z.B. der Betreuung von Migranten, von Arbeitslosen oder von Behinderten.

Neben sozialen Dienstleistungsbetrieben wie Pflegeheimen und mobilen Diensten der Altenbetreuung finden sich hier auch politische Organisationen wie Kammern, Verbände und Gewerkschaften, politische Parteien, Umweltschutz- oder Menschenrechtsorganisationen, sowie gemeinnützige kulturelle oder soziale Stiftungen, die Kirche, Autofahrerclubs, Genossenschaften, Selbsthilfe- oder Heimatvereine, aber auch elitäre Golfclubs und „gewöhnliche“ Sportvereine – um nur einige nicht gewinnorientierte Organisationstypen zu nennen.

3.1.2. NPOs – ein buntes, oft emotionalisiertes Feld


Als nächstes fällt bei der Beschäftigung mit NPOs auf, dass diese häufig emotionalisieren. Man solidarisiert sich mit ihnen, regt sich über sie auf, ist beruhigt angesichts ihrer Existenz, etc. Und auch im Innenverhältnis, d.h. unter ihren Mitgliedern geht es häufig 8impulsiver oder emotionaler zu als in Wirtschaftsunternehmen oder Ämtern. Organisationen zeichnen sich generell dadurch aus, dass sie kälter, d.h. weniger personenorientiert und mehr an unpersönlicher Kommunikation orientiert sind als Gruppen. Dies gilt grundsätzlich auch für NPOs – aber eben nicht ganz so strikt.

Zentrale Handlungsorientierungen sind hier ja weder privatwirtschaftliche Gewinnorientierung noch machtbasierte staatliche Verwaltung. Damit sind NPOs etwas Untypisches, Buntes, nicht einfach zu Erklärendes. Diese Buntheit und das partielle Herausfallen aus vorherrschenden gesellschaftlichen Strukturen sind – gekoppelt mit der inhaltlichen Orientierung der meisten NPOs – wohl der Grund für die hohe Emotionalität, die diese Organisationen in aller Regel begleitet und umgibt.

Bekannte Reaktionsformen von außen sind etwa:

Sympathie (z.B. weil viele NPOs sich um Probleme kümmern, zu deren Lösung man selbst auch gerne etwas beitragen würde),

Ambivalenz (z.B. weil es in der Arbeit einiger sozialer NPOs um Probleme wie etwa AIDS oder Suchtkrankheiten geht, deren Bedeutung man durchaus als wichtig anerkennt, mit deren Details man aber lieber nicht konfrontiert werden möchte),

Ärger (z.B. weil Fundraising-Aktivitäten auch dann als penetrant wahrgenommen werden, wenn sie im Vergleich mit kommerzieller Werbung immer noch höchst moderat sind),

Kritik (NPOs stellen einen höheren Anspruch an sich selbst als Wirtschaftsorganisationen und werden daher besonders streng beurteilt)

oder Mitleid (z.B. weil die Ziele dieser Organisationen oft unerreichbar sind und zudem stets Finanzknappheit herrscht).

Häufige Reaktionsformen von innen, d.h. unter den Mitgliedern, sind etwa:

besonders starker wechselseitiger Schutz (alle tun ja Gutes in der Organisation, da kann man jemanden z.B. wegen Ineffektivitäten nicht kritisieren),

heftige direkte Aggression (man kennt sich lange und gut, hat wenig Schranken im Umgang miteinander),

enge Freundschaftsbeziehungen unter Kolleginnen bzw. zwischen Mitarbeiterinnen und Führungskräften (der Kampf um die gemeinsame Sache oder das Durchstehen schwieriger Zeiten schweißen ebenso zusammen wie geteilte starke Werte),

ein besonders hohes Kränkungspotenzial (die hohe Informalität und Personenorientierung der Organisation bietet nicht jene Entlastungen, die in formalen Unternehmen doch ein Stück weit gegeben sind).

NPOs lassen also die Wenigsten kalt, auch nicht ihre Mitarbeiterinnen und Führungskräfte. Die Situation der Führung ist alleine deswegen schon eine sehr spezifische.

3.1.3. Non-Profit-Organisationen – eine begriffliche und definitorische Herausforderung


Die Unterschiede in Größe, Tätigkeitsbereichen und Zielsetzungen, regionaler Reichweite, der sozialen und politischen Verankerung und dem Formalisierungsgrad machen 9eine Zusammenfassung dieser Organisationen unter einen eindeutigen Begriff schwierig – das Feld selbst sperrt sich fast gegen definitorisch-begriffliche Eingrenzungen und Festlegungen.

Obwohl sich die Bezeichnung NPO bereits in den 1970er Jahren etabliert hat, wird schon der Begriff häufig wegen seines negativ-abgrenzenden Charakters in Frage gestellt. Es werden Alternativen überlegt, wie etwa „Social Profit Organisation“, „Zivilgesellschaftliche Organisation“ oder...