Telefonkonferenzen erfolgreich führen - Vorbereitung - Durchführung - Nachbereitung

Telefonkonferenzen erfolgreich führen - Vorbereitung - Durchführung - Nachbereitung

von: Tomas Bohinc

Linde Verlag Wien Gesellschaft m.b.H., 2012

Format: ePUB, OL

Kopierschutz: DRM

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Preis: 11,99 EUR

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Telefonkonferenzen erfolgreich führen - Vorbereitung - Durchführung - Nachbereitung


 

Kapitel 3: Kommunikation am Telefon - eine Analyse


Wie viele Signale wir mit unserer Körpersprache bei einer Besprechung aussenden, merken wir erst in einer Telefonkonferenz. Nämlich dann, wenn wir unsere Gesprächspartner nicht sehen. In einer Telefonkonferenz müssen wir anders kommunizieren als in einem Präsenzmeeting, damit die gleichen Botschaften übermittelt werden. Wenn wir die anderen Gesprächsteilnehmer nicht sehen, müssen wir das, was sonst durch den Blickkontakt wahrgenommen wird, durch die Sprache ausdrücken.

Herr Mayer wählt sich in eine Telefonkonferenz ein. Dazu hat er eine Einwahlnummer und einen Konferenzcode erhalten. „Herzlich Willkommen zu Ihrer Telefonkonferenz“, sagt eine Computerstimme aus dem Telefon. „Bitte geben Sie Ihren Zugangscode ein und bestätigen Sie diesen mit der Raute-Taste.“ Er gibt 6 Ziffern ein und drückt auf die Raute-Taste und bekommt gleich ein „Piep“ als Antwort. Danach herrscht Schweigen. Er hört Husten, das Geklimper auf einer Tastatur und im Hintergrund laute Straßengeräusche. Plötzlich sagt eine Stimme: „So, wir starten jetzt mit der Telefonkonferenz. Ich will Ihnen ...“

Jeder, der eine solche Situation zum ersten Mal erlebt, ist verunsichert: Habe ich alles richtig gemacht? Bin ich in der richtigen Telefonkonferenz? Woher weiß der Moderator oder Leiter, dass die anderen Teilnehmer da sind? Stören die anderen die Geräusche nicht?

Fragen, die bei einem Präsenzmeeting gar nicht erst aufkommen. Schon, wenn man in den Raum kommt, sieht man, wer da ist. Man sieht bekannte Gesichter und weiß, dass man im richtigen Meeting ist, und wenn alle noch am Tisch sitzen und mit anderen Dingen beschäftigt sind, weiß man sogar, dass man pünktlich ist. Falls das Fenster offen ist und man die Straßengeräusche hört, fragt man, ob das Fenster geschlossen werden kann. Und wenn sich der Leiter gerade hinsetzt und vielleicht räuspert, ist dies das Signal für den Beginn der Konferenz.

In einer Telefonkonferenz hört man nicht, was man in einem Präsenzmeeting sieht. Eine Telefonkonferenz beschränkt die Kommunikation auf Sprechen und Hören. Die Teilnehmer in einer Telefonkonferenz sind wie Blinde in einem Gespräch.

Mir ist durch Telefonkonferenzen erst richtig klar geworden, dass unsere Kommunikation nicht nur aus Worten und Sätzen besteht, sondern auch durch unseren ganzen Körper erfolgt und welch große Rolle Körperhaltung, Mimik und Gestik in der Verständigung haben. Stillschweigend gehen die meisten Menschen in der Telefonkonferenz davon aus, dass sie mit den anderen Telefonkonferenzteilnehmern so kommunizieren können, wie in einem Präsenzmeeting. Dies ist aber nicht so. Wir können in einer Telefonkonferenz nicht sehen, wie der Empfänger auf unsere Nachricht reagiert, ob Schweigen, Betroffenheit oder Zustimmung herrscht.

Im Folgenden werde ich am bekannten Vier-Ohren-Modell von Schulz von Thun zeigen, was passiert, wenn wir unsere Gesprächspartner nicht sehen.

Das Vier-Ohren-Modell erklärt, was bei der Kommunikation passiert


1977 machte Schulz von Thun, ein junger Kommunikationswissenschaftler aus Hamburg, mit einem neuen Kommunikationsmodell auf sich aufmerksam. Es wurde unter dem Namen Vier-Ohren-Modell bekannt und ist bisher nicht nur mit mehr als 1 Million Exemplaren des Buches „Miteinander reden“ verbreitet worden, sondern wahrscheinlich noch viel mehr durch die fast unzählbaren Kommunikationstrainings, in denen Trainer dieses Modell nutzen, um den Teilnehmern zu erklären, wie Kommunikation funktioniert.

Schulz von Thun bezeichnet die Beteiligten in der Kommunikation als Sender und Empfänger. Jeder Partner im Gespräch nimmt abwechselnd diese Rollen ein. Er ist Sender, wenn er etwas mitteilt, und Empfänger, wenn er etwas mitgeteilt bekommt. In einer üblichen Kommunikationssituation übermittelt der Sender dem Empfänger eine Nachricht über einen Kommunikationskanal. Dazu codiert der Sender die Nachricht in ein Nachrichtenpaket aus Sprache, Ausdrucksweise, Mimik und Gestik. Der Empfänger verwandelt dann dieses Nachrichtenpaket wieder in eine Nachricht.

So gut wie nie sind ausgesendete Nachricht und empfangene Nachricht identisch. Das liegt daran, dass der Code des Senders und der des Empfängers nie identisch sind. Jeder Mensch hat einen anderen Sprachschatz und verbindet mit den Wörtern andere Dinge. Das Wort Leistung ist für einen erfolgsorientierten Menschen etwas Positives. Für jemand, der unter dem Leistungsdruck seiner Eltern gelitten hat, ist es eher etwas Negatives. Auch nimmt der Empfänger nie das gesamte ausgesendete Nachrichtenpaket wahr. Ein Empfänger hört mehr auf die Zwischentöne, während für einen anderen die Mimik und Gestik des Senders eine große Bedeutung haben. Und nicht zuletzt übermittelt auch der Nachrichtenkanal nicht alles, was der Sender losgeschickt hat. So schneidet gerade in der Telefonkonferenz der Nachrichtenkanal alle visuellen Informationen ab. Er begrenzt auch die Sprache und verfälscht damit die Ausdrucksweise des Sprechers. So zum Beispiel wirkt leises Sprechen unsicher und laute Worte klingen schrill. Menschen mit einer sogenannten Telefonstimme wirken am Telefon sympathisch. Bei anderen Menschen ist die Stimme am Telefon hart und unangenehm. Abbildung 2 zeigt, wie die Nachricht eines Senders über ein Telefon zu einem Empfänger übermittelt wird.

Abbildung 2: Der Empfänger versteht nur das, was über die Telefonleitung störungsfrei übermittelt wird.

Kommunikation besteht darin, dass ein Sender einem Empfänger über ein Medium eine Nachricht übermittelt. Die Kommunikation ist dann gelungen, wenn der Empfänger das versteht, was der Sender übermitteln will.

Schulz von Thun analysierte die Nachricht und fand heraus, dass sie aus vier unterschiedliche Aspekten besteht:

  • Sachaspekt
  • Beziehungsaspekt
  • Selbstoffenbarungsaspekt und
  • Appellaspekt

Gesagt ist noch lange nicht gehört


In der kleinen Geschichte am Anfang des Kapitels habe ich den Beginn einer Telefonkonferenz beschrieben. Diese betrachten wir jetzt unter der Lupe:

Die Leiterin Frau Müller eröffnet die Telefonkonferenz mit den Worten: „So, wir starten jetzt mit der Telefonkonferenz.“ Die vier Seiten dieser Nachricht haben die folgenden Inhalte:

Der Sachaspekt: Damit informiert die Leiterin (der Sender) die Teilnehmer der Telefonkonferenz (die Empfänger) über eine Sachlage: Unter diesem Aspekt lautet die Nachricht: „Die Telefonkonferenz beginnt.“

Die Selbstoffenbarung: Durch die Nachricht erfahren wir auch etwas über den Sender. Aus der Selbstoffenbarung erschließen wir alle Informationen über den Sender. Dadurch erfahren die Empfänger, wer zu ihnen spricht. Aus der kurzen und rein auf die Sache beschränkten Einleitung könnten die Teilnehmer zu folgendem Schluss kommen: „Die Leiterin ist ein sachorientierter Mensch, macht nicht viele Wort und kommt sofort zur Sache.“ Selbstenthüllung nennt man dabei den Teil der Selbstoffenbarung, der unbewusst geschieht, und Selbstmitteilung, den Teil, den wir bewusst mitteilen. In einem Präsenzmeeting wird die Selbstoffenbarung vor allem durch die Mimik, Gestik und Kleidung des Empfängers ausgedrückt. Damit zeigt er: „So bin ich.“ Wenn wir den Sender nicht sehen, wird diese Information durch Bilder ersetzt, die wir aus anderen Situationen kennen. Das, was die Teilnehmer nicht sehen, wird aus ihren bisherigen Erfahrungen dazu erfunden. Vielleicht stellen sich die Teilnehmer den Moderator in unserem Beispiel als eine Frau im Business-Dress mit einem strengen Gesicht und einer finster blickenden Miene vor. Dies muss jedoch nichts damit zu tun haben, wie die Moderatorin tatsächlich vor dem Telefon sitzt. Sie könnte auch mit Jeans zu Hause in ihrem Garten sitzen.

Die Beziehung: Eine Nachricht teilt auch mit, in welchem Verhältnis Sender und Empfänger zueinander stehen. Aus der Beziehung können wir schließen, ob Sender und Empfänger freundschaftlich verbunden sind oder im Streit liegen. Der Beziehungsaspekt sagt: „So stehen wir zueinander.“ In unserem Beispiel könnte die Beziehung unter den Teilnehmern distanziert sein, denn alle verhalten sich still und abwartend. Die Leiterin der Telefonkonferenz beschränkt sich nur auf die Sachebene und geht mit keinem Wort auf die Situation ein. Aus dem Beziehungsaspekt interpretieren wir die Bedeutung der Nachricht. Es ist ein Unterschied in einer Telefonkonferenz, ob die Chefin sagt: „Wir beginnen mit der Telefonkonferenz“, oder ein Mitarbeiter. Im ersten Fall werden alle darauf hören und ruhig sein, im zweiten Fall werden die Teilnehmer vielleicht die Äußerung nicht beachten.

Der Appell: Mit dem Appell nimmt der Sender Einfluss auf den Empfänger und macht deutlich, was er tun soll. Die Leiterin der Telefonkonferenz möchte, dass alle den Worten der anderen aufmerksam folgen. Oft wird der Appell nicht offen ausgesprochen, sondern ist, wie in meinem Beispiel, in einer Sachaussage versteckt. So auch hier: Die Sachaussage lautet: Wir beginnen. Der dazugehörige Appell lautet: Bitte hören Sie jetzt zu!

Auf diese Weise werden mit einem Satz: „So, wir starten jetzt mit der Telefonkonferenz“, vier verschiedene Botschaften mitgeteilt: „Die Telefonkonferenz beginnt; ich bin ein ernster sachlicher Mensch; ich bin hier die Chefin und ich möchte, dass Sie jetzt...